Soziales und staatsbürgerliches Engagement

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München 1977-1995: Neue und selbstgewählte Aufgaben führten Ruth-Alice in andere gesellschaftliche Bereiche als ihren Ehemann und verbanden sie mit einem eigenen Freundeskreis. Eine besondere Stellung nahmen dabei die Frauengruppe „Neue Freiheit“ und der „Schalom-Kreis“ ein. Zu den gemeinsamen Aktivitäten von Ruth-Alice und Klaus in diesen Jahren zählten vor allem Reisen in Länder auf allen Kontinenten. Die Besuche in Israel und die fortdauernde Beschäftigung mit der Geschichte, Kultur und Religion von Land und Menschen bescherten Ruth-Alice intensive Erlebnisse und persönliche Kontakte.

Ruth-Alice soziales und staatsbürgerliches Engagement der Münchner Jahre spiegelt die beherrschenden Themen dieser zwei Jahrzehnte wider: Der Aufbruch der Frauen aus den traditionellen Rollenmustern und die Sensibilisierung weiter Bevölkerungskreise für die Gefährdung der Lebensgrundlagen in der modernen Welt. Das Erscheinen des Buches Silent spring/Der stumme Frühling (1962 dt. und engl.) von Rachel Carson wird als Initialzündung der Umweltbewegung gesehen. Die von Carson beschriebenen verheerenden Auswirkungen auf die Vogel- und Insektenwelt der USA durch die flächendeckende Anwendung von DDT (Dichlordiphenyltrichloräthan) in der Landwirtschaft bewirkten bei vielen Menschen ein Umdenken. Namen wie Seveso (1976), Bhopal (1984) und Sandoz/Basel (1986) führten später vor Augen, dass Umweltschäden nicht regionale, sondern globale Probleme darstellten. Parallel aktivierten die schweren Unfälle in den Atomreaktoren von Harrisburg/USA (1979) und Tschernobyl/Ukraine (1986) die Anti-Atom-Bewegung der Nachkriegszeit neu.

Die Friedensbewegung, ebenfalls im Nachkriegsdeutschland eine wichtige Bürgerbewegung, reorganisierte sich in den 1980er und 1990er Jahren bei Friedenscamps in Mutlangen, um den Abzug der dort stationierten der Pershing II-Raketen zu erreichen. Zum Kirchentag 1983 in Hannover veröffentlichte der evangelische Theologe, Pfarrer und Publizist Jörg Zink in der Zeitschrift Publik-Forum seine Gedanken zu einem weltweiten Friedenskonzil. Auf dem folgenden Kirchentag 1985 in Düsseldorf erarbeitete Carl Friedrich von Weizsäcker auf der Basis dieser Überlegungen eine Resolution, die heftig in den ökumenischen Konferenzen diskutiert wurde. In einem Brieffragment skizziert Ruth-Alice ihre Gedanken zur Friedensbewegung und zu Weizsäckers Vorschlag gegenüber Alfred Mechtersheimer vom Forschungsinstitut für Friedenspolitik, ein internationales Friedenskonzil der Kirchen einzuberufen.

Die Mitglieder des "Shalom-Kreis" vor dem Haus Römerstraße 4 in München
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In den fast zwei Jahrzehnten der Münchner Existenz engagierte sich Ruth-Alice von Bismarck bei Themen des Umweltschutzes in seinen verschiedenen Verästelungen auch im privaten Umfeld: Sie initiierte und unterstützte die Schwabinger Initiative zur Kompostierung, war eine der Aktivistinnen des innovativen Modells „Römermüll“, das inzwischen von der Stadt in ganz München durchgeführt wird, wie eine Zeitzeugin berichtet, und trat für Mehrwegverpackungen ein. Mit der Herausgabe des „Römerblättchens“ bildete sie ein Zentrum in Schwabing. Zu den weiteren Engagements zählten Aktionen gegen die Lärmbelästigung durch hohe Verkehrsdichte in den Innenstädten, aber auch Unterstützung bei Bürgerbegehren zu mehr demokratischer Mitentscheidung. Die Initiative und das Engagement von Ruth-Alice von Bismarck beschränkten sich keineswegs auf „Mitmachen“, vielmehr trat sie aktiv als Initiatorin, Organisatorin und Gesprächspartnerin auf. Als Initiatorin von Gesprächsgruppen wie dem Frauenkreis „Neue Freiheit“ oder dem „Schalom-Kreis“  brachte Ruth-Alice nicht nur Kenntnisse ein, sie war verbindendes Element, sie sorgte auch für Kontinuität, und nicht zuletzt zeichnete sie sich für Veröffentlichungen auch presserechtlich verantwortlich. Von Kontinuität ist auch ihr Engagement im interreligiösen Dialog gekennzeichnet. Über mehrere Jahre nahm sie an deutsch-jüdischen Bibelwochen in Israel oder in Deutschland teil. Während einer der Bibelwochen lernte Ruth-Alice Minna Issler kennen, eine blinde Jüdin, die sie sehr beeindruckte, der sie sich bald sehr verbunden fühlte und die zeitweise in der Münchner Wohnung mitlebte.

Weltweite Reisen führten Ruth-Alice unter anderem 1975 nach Südafrika und zusammen mit ihrem Ehemann Klaus nach Südamerika 1979 und in den 1980er Jahren in die Türkei, nach Ostasien, nach Japan, Australien und Ägypten. Mehrmals besuchten sie Polen und Israel. Insbesondere die Aussöhnung mit Polen sowie das Verständnis für die Geschichte und politische Situation Israels hatten große Bedeutung in der Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte des Ehepaares.

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Ruth-Alice mit Freundin Minna Issler aus Israel
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