Übungen in Offenheit und Toleranz

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Vlotho 1946-1949: Der Jugendhof Vlotho wurde 1946 als zentrale Bildungseinrichtung für die Jugendleiter der britischen Besatzungszone gegründet. Die internationale Begegnungsstätte gilt heute als beispielhafter Versuch, im frühen Nachkriegsdeutschland Multiplikatoren der Jugendarbeit mit theoretischen und praktischen Grundlagen von Demokratie und Toleranz vertraut zu machen. Klaus von Bismarck nahm als ein Initiator und erster Leiter prägenden Einfluss auf Konzeption und Praxis des Jugendhofes. Er selbst verinnerlichte das dort erfahrene „we agree to differ“ als eigene gesellschaftspolitische Maxime.

Die Briten suchten nach Kriegsende geeignete Deutsche, die ihnen bei der Umerziehung (Re-Education) der von nationalsozialistischem Gedankengut infiltrierten Jugend helfen sollten. Auf Vorschlag eines Onkels, der als Landrat im Kreis Herford eingesetzt war, bestellten die Besatzungsbehörden den gerade aus der Kriegsgefangenschaft entlassenen Klaus von Bismarck zunächst zum dortigen Jugendpfleger. Kaum im Amt, nutzte er die Anfrage eines britischen Offiziers nach einer Neukonzeption für die Jugendarbeit, um vor „penetranten Re-Education-Versuchen“ zu warnen. Vielmehr forderte er die Vermittlung ideologisch ungefärbter Information, eine gediegene Berufsausbildung für junge Menschen und den Austausch mit Jugendlichen aus anderen europäischen Ländern.

Gruppengymnastik im Jugendhof Vlotho, 1946-49
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Die Überlegungen des quasi über Nacht zum „Experten“ in Jugendfragen gewordenen Klaus von Bismarcks flossen als zentrale Bestandteile in die politische Bildungsarbeit des im Mai 1946 neu eingerichteten Jugendhofes Vlotho ein. Musische Lehrgänge, die die Kreativität fördern sollten, begleiteten die Seminare. Zentrales Ziel war es, die Teilnehmer zur Übernahme von Eigenverantwortung, Eigeninitiative und Selbstorganisation zu befähigen. Ehemalige Funktionäre der Hitler-Jugend, überzeugte Kommunisten und spätere DDR-Größen wie Erich Honecker sowie zahlreiche namhafte Gäste aus dem In- und Ausland trugen zur gelebten Vielfalt in Vlotho bei. Man diskutierte leidenschaftlich, duzte sich – und lernte die Sicht des Andersdenkenden besser verstehen und respektieren. Klaus von Bismarck erzählte später, dass er selbst in Vlotho eine genauere Vorstellung bekommen habe, was eine pluralistische Gesellschaft ausmache. Die Aufarbeitung des nationalsozialistischen Erbes sah er damals aber erst ganz am Anfang – ebenso die Auseinandersetzung mit eigenen Fehlern und Irrtümern.

Während Klaus von Bismarck sich im Jugendhof Vlotho in Demokratie übte, über Landesgrenzen hinweg verlässliche Freundschaften aufbaute und damit Grundsteine für seine späteren beruflichen Wirkungsfelder legte, sah er seine größer werdende eigene Familie im 15 km entfernten Oberbehme nur an Wochenenden. Entsprechend begrenzt war die gemeinsame Zeit. Allerdings knüpfte er mit seiner Frau zusammen Kontakte zu Vertretern der Evangelischen Kirche, besonders zu den Pfarrern und späteren Bischöfen Ernst Wilm und Hans Thimme. Daraus resultierte die nächste berufliche Herausforderung, der er sich ab 1949 stellte: den Aufbau des neu gegründeten kirchlichen „Sozialamts“ in Villigst an der Ruhr.

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Mitglieder einer Freizeit in Vlotho, ca. 1947
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