Vielfältig engagiert bis ans Lebensende

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Im Jahr 1995 zogen Ruth-Alice und Klaus von Bismarck nach Hamburg, wo drei ihrer Söhne mit ihren Familien wohnten. Die geräumige Altbauwohnung in Harvestehude bot ausreichend Raum für spontane wie geplante Besuche aus dem Kreis der Familie und dem weitläufigen Freundesnetzwerk. Für die Integration in das Hamburger Umfeld waren neben dem engeren Familienkreis vor allem die schnelle Einbindung in das Gemeindeleben der Kirche St. Johannis bedeutsam. Nach dem Tod von Ehemann Klaus 1997 setzte Ruth-Alice von Bismarck die Tradition der prinzipiell „offenen Tür“ auch nach ihrem Umzug in die Stiftung Anscharhöhe fort.

Die nun deutlich größere Wohnküche im Jungfrauenthal 4 blieb, wie in München, Zentrum unkomplizierter alltäglicher Zusammenkünfte mit Gästen unterschiedlicher Couleur. Eine feste geistliche, geistige und soziale Heimat fanden Ruth-Alice und Klaus von Bismarck in der Gemeinde St. Johannis. Sie besuchten regelmäßig die dortigen Gottesdienste und nahmen an vielen Gemeindeaktivitäten teil. Besonders die Konzerte des prominenten Kirchenmusikers, Dirigenten und Chorleiters Claus Bantzer begeisterten sie. Ruth-Alice blieb bis zu Ihrem Tode dieser Gemeinde eng verbunden. Der von ihr initiierte Spendenaufruf trug anlässlich ihrer Beerdigung zur Erneuerung der Orgel, insbesondere des historischen Registers „Voce Coeli“, bei.

Klaus von Bismarck genoss vermehrt den Austausch über seine künstlerischen Arbeiten in Ton, die Gestaltung von Mobiles wie auch Dokumente des eigenen Erinnerns in Form von Texten und Aquarellen. Das „Enkelkinderbuch“ mit Landschaften aus und Geschichten über Kniephof und Jarchlin hat bis heute unter seinen Nachkommen eines festen Platz. Ruth-Alice und Klaus von Bismarck genossen enge nachbarschaftliche Kontakte zur Familie von Lenthe, deren Kinder die Wohnung regelmäßig belebten.

Eine gewisse Zäsur bedeutete die schwere Erkrankung Klaus von Bismarcks im Frühjahr 1996. Tendenziell reduzierte er danach seine Außenkontakte, pflegte aber weiterhin Verbindungen in die Familie und zu besonderen Freunden. Fortdauernde Freude bereitete ihm das Töpfern. Trotz krankheitsbedingter Sprachbehinderung setzte er auch seine Beschäftigung mit der eigenen Vergangenheit fort. Bewusst bezog er in die regelmäßigen Reflexionen seine Frau und einen Historiker ein, der auf der Basis gesammelter einschlägiger Quellen kritische Fragen zu seinem Werdegang stellen sollte. Klaus von Bismarck traf sich auch weiterhin mit langjährigen Freunden, um über gesellschaftspolitische Themen zu diskutieren. In diesem Kreis starb er am 22. Mai 1997.

Danach blieb Ruth-Alice zunächst im Jungfrauenthal wohnen. Weiterhin entfaltete sie gesellschaftspolitische Aktivitäten wie den Anstoß zur Gründung der BürgerStiftung Hamburg, die heute die größte Bürgerstiftung in Deutschland ist. Sie vermietete Zimmer zu relativ günstigen Konditionen an Musikstudenten, die zum Ausgleich mit musikalischen Darbietungen das kulturelle Leben in der „WG“ bereicherten. Später zog Ruth-Alice von Bismarck in die Seniorenwohnanlage Stiftung Anscharhöhe, einem großen Ensemble sozialer Einrichtungen mit eigener Kirche und Gemeinde. Sie „mischte St. Ansgar“ mit ihren Initiativen zur Verbesserung des Gemeinschafts- und Gemeindelebens auf, wie eine Zeitzeugin ihr dortiges Engagement pointierte.

Ruth-Alice von Bismarck feierte 2005 ihren 85. Geburtstag in Hamburg mit vielen Familienangehörigen und Freunden
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Der ihr zur Verfügung stehende private Raum war, vor allem nach ihrem Umzug innerhalb der Anlage vom Emilienstift ins Carl-Ninck-Haus, deutlich begrenzter als zuvor. Doch der mit Bildern, Fotos und Büchern anheimelnd gestaltete kleine Wohn- und Schlafraum entwickelte sich zu einem beliebten Ort. Zahllose Besucher aus der ganzen Welt – besonders im Zusammenhang mit ihren intensiv fortgeführten geistigen und geistlichen Interessen inklusive der Beschäftigung mit Dietrich Bonhoeffer – erlebten hier intensive Gespräche mit ihr. Zeitweilig war es für Besucher nicht einfach, einen „Termin“ bei Ruth-Alice von Bismarck zu bekommen. Oft gaben sich die Gäste die Klinke in die Hand. Ein tiefer Wunsch nach Gemeinschaft und Austausch charakterisierte Ruth-Alice von Bismarck. Besucher, seien es Freunde, Kinder, Enkel oder weitere Familie fühlten sich stets in besondere Weise wahrgenommen.

Gespräche mit ihr beinhalteten so gut wie nie Allerweltsthemen, sondern kreisten um aktuelle soziale und politische Fragen oder um wichtige persönliche Anliegen. Sie verstand es, den Besuchern die ihr wichtigen Botschaften mit auf den Weg zu geben. Dies galt auch für die Gemeinschaft im Carl-Ninck-Haus, in welcher Ruth-Alice von Bismarck lebte. Ihr Engagement in der Sterbebegleitung von Mitbewohnern, ihre heraushebende Beziehung zu Pflegekräften mit Migrationshintergrund und ihre Mitwirkung bei strukturellen Verbesserungen des Pflegesystems prägten ihre starke Rolle in der Anscharhöhe.

Bis zu ihrem Tod am 28. Dezember 2013 blieb Ruth-Alice von Bismarck ein Mensch, welcher andere zu neuem Nachdenken und aktivem Sich Einbringen in die Gemeinschaft zu animieren versuchte.

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Bismarck-Enkeltreffen in Petzow/Brandenburg
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