Familie: Kraftquellen des Neubeginns

Ohne die fortdauernde Auseinandersetzung mit den Ursachen des Zusammenbruchs der für sie bis 1945 gültigen Ordnungen und das starke Eingebunden sein in einen gelebten Familienzusammenhang sind die von Erneuerung und aktiver Mitgestaltung geprägten Lebenswege von Ruth-Alice und Klaus von Bismarck nicht zu verstehen.

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Die Eltern von Ruth-Alice, Ruth und Hans von Wedemeyer, lebten stark in den protestantisch pietistischen Traditionen und den gewachsenen Ordnungen und Verantwortungen, die für viele ostelbische Adelsfamilien selbstverständlich und bestimmend waren. Durch den frühen Tod seines Vaters Gottfried, dem Großneffen des „Eisernen Kanzlers“ Otto von Bismarck, wurde für Klaus die Mutter Gertrud besonders prägend. Sie brachte bereits damals zentrale Elemente des liberalen Berliner Bürgertums mit viel Musik, aufklärerischer Literatur und sozialem Veränderungswillen in das ländliche Guts-Leben in Pommern ein. Beide Mütter führten nach dem frühen Tod ihrer Männer die Gutsbetriebe in der Neumark und in Pommern in eigener Regie erfolgreich weiter. Sie avancierten dadurch für ihre jeweils ältesten Kinder, Ruth-Alice und Klaus, zu Beispielen gelebter Verantwortung in einer Zeit fundamentaler sozialer, wirtschaftlicher und politischer Umbrüche.

Die Hochzeit von Ruth-Alice und Klaus im August 1939 in Pätzig war eines der letzten großen und leuchtenden Familienfeste vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges und dem Zusammenbruch der „alten Welt“. Der Krieg bedeutete für beide nicht nur den Verlust der Heimat, sondern die Erfahrung einer tiefgreifenden Erschütterung der bis dahin geglaubten Ordnungen. Die selbstkritische Suche nach den Ursachen wurde für beide eine Kraftquelle, die sie für ihr unabhängiges Engagement für einen zivilgesellschaftlichen Neuaufbau Deutschlands nach dem Krieg nutzten.

Zu ersten grundlegenden Einsichten und demokratischen Neuorientierungen kamen beide bereits in der unmittelbaren Nachkriegszeit, Ruth-Alice, bald schon für drei Kinder sorgend, im Miteinander eines Flüchtlingsquartiers bei Verwandten in Oberbehme in Westfalen und Klaus als Leiter des nahen Jugendhofs Vlotho. Gleichermaßen wegweisend für Ruth-Alice und Klaus wie auch für die immer größer werdende Kinderschar war dann der Wechsel 1949 nach Haus Villigst. Dort wurde die Familie Teil einer großen und bunten Hausgemeinschaft, die von verschiedenen Institutionen der westfälischen Landeskirche getragen wurde. Die Mitwirkung an dieser kreativen, von christlicher Sozialethik bestimmten Wachstumszelle für den Aufbau einer neuen deutschen Gesellschaft eröffnete für die Eltern wie die Kinder neue Perspektiven, Erkenntnisse und Bindungen. Ab 1961 lud das große und sehr offene Haus der Familie in der Eugen-Langen-Straße in Köln Gäste unterschiedlichster Herkunft und Couleur zum Austausch ein. Durch die damit verbundenen zahlreichen internationalen Kontaktmöglichkeiten eröffneten sich auch für die inzwischen schon nahezu erwachsenen acht Kinder neue Räume zur persönlichen Entfaltung. Die Stationen München (ab 1976) und Hamburg (ab 1995) blieben bis zum Tod von Klaus (1997) und dem Tod von Ruth-Alice (2013) nicht nur lebendige Zentren der Familiengemeinschaft, sondern brachten beiden bis zuletzt neue Aufgaben und Erfahrungen.

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